Akademie der Kunst und Philosophie
Akademie der Wissenschaften | Académie des sciences
 

 

Nr. 577 

Petrus Lombardus - Philosopher of Middle Ages 


On wrong Philosophy and how to improve

Petrus Lombardus oder auch Peter Lombard (um 1095/1100; † 20. Juli 1160/1164) war ein berühmter Scholastiker an der Sorbonne in Paris

Petrus Lombardus, Kapelle der Sorbonne, Paris

 

 
 
 
 
 

 

Aus dem Inhalt:
 
 

Gregor von Nyssa (8. de prov. cap. 3.) tadelt die Meinung Platos, der die Vorsehung in drei Teile teilte: Die erste gehöre dem höchsten Gotte an, welcher für den Himmel, die Sterne etc. und für die allgemeinen Ursachen überhaupt vorsorgt; die zweite sei den Untergöttern eigen, welche um die Himmelskörper herum sind und für alles Vergängliche vorsorgen; die dritte käme gewissen Dämonen zu, welche auf Erden in der irdischen Luft wohnend die menschlichen Handlungen bewachen. Also wird nicht das eine durch das andere geleitet, sondern Alles unmittelbar von Gott. Dazu Augustinus (3. de Trin. 4.): „Wie die gröberen und niedrigeren Körper beeinflußt und geleitet werden durch feinere und höhere, so werden alle Körper bestimmt und bewegt durch den vernünftigen Lebensgeist; der gefallene sündige Geist vernünftigen Lebens durch den frommen und gerechten, dieser aber durch Gott.“ In der Weltregierung seien zwei Dinge zu unterscheiden: der leitende Grund für selbe, d. h. die Vorsehung; und die Ausführung. Mit Rücksicht auf das Erste leitet Gott unmittelbar die Welt; mit Rücksicht auf das Zweite durch Mittelwesen. Der Grund davon ist, dass, da Gott das Wesen aller Güte ist. Jegliches Gott zugeschrieben werden muss, soweit es am besten oder im höchsten Grade seiner Güte ist. Das Beste aber oder der höchste Grad in der Vernunft und in der praktischen Kenntnis (wie eine solche der leitende Grund für jedes Regieren ist) besteht darin, dass die Einzelheiten gekannt werden, in denen die betreffende Tätigkeit sich findet; wie z. B. der beste Arzt nicht nur die Krankheiten im allgemeinen kennt, sondern alle, auch die geringsten einzelnen Umstände derselben. Sonach muss man sagen, dass Gott auch für die geringsten einzelnen besonderen Kreaturen den leitenden Grund, um sie zu lenken, in Sich hat. Da aber nun die regierten Dinge zur Vollendung zu führen sind, so wird die Leitung um so vollkommener sein, je mehr Vollendung den Dingen vom Regierenden mitgeteilt wird. Eine höhere Vollendung aber ist es, wenn etwas in sich selber gut und zugleich für andere Dinge ein Grund der Vollendung oder Güte ist, als wenn es nur in sich gut wäre. Und deshalb hat Gott die Dinge so eingerichtet, dass manche die Ursache der Vollendung für die anderen sind; wie z. B. wenn ein Lehrer seine Schüler nicht nur dahin bringt, dass sie selbst etwas wissen, sondern dass sie auch anderen es lehren. Plato irrte darin dass er meinte, auch der Grund für die Leitung aller Dinge sei nicht in Gott; und dass so Gott nicht nur nicht mit Rücksicht auf die Ausführung, sondern auch mit Rücksicht auf den Grund nicht Alles unmittelbar leite; vielmehr es drei Abteilungen gebe. Würde Gott schlechthin allein leiten, so wäre den Dingen die Vollkommenheit entzogen, Grund für andere Dinge zu sein. Es ist nicht allein eine Unvollkommenheit oder ein Mangel in einem irdischen Könige, dass er Diener hat, die seinen Willen ausführen (weil er nämlich nicht überall selbst sein kann); — sondern dies ist auch ein Zeichen seiner königlichen Würde; denn die Zahl und Bedeutung seiner Diener offenbart seine eigene Macht.  [1] 

Esther 13, 9. sagt: „Herr, unser Gott, allmächtiger König, Deiner Herrschaft ist Alles unterthan und Nichts kann widerstehen Deinem Willen.“ Nach Thomas könne wohl etwas geschehen, was ausserhalb des ursächlichen Bereiches einer beschränkten Ursache steht; ausserhalb des Bereiches jener Ursache aber, von der alles Sein kommt, kann nichts geschehen. Der Grund davon ist: Ausserhalb des Bereiches einer beschränkten Ursache geschieht nur dann etwas, wenn letztere durch eine andere Ursache gehindert wird; und diese letztere muss man wieder auf die allgemeine Ursache zurückführen, ohne welche nichts geschehen kann. So trifft es sich, dass man nicht verdaut. Dies kommt vor ausserhalb des Bereiches der nächsten beschränkten Ursache, nämlich der Nährkraft in uns, welche gehindert wird in ihrer Tätigkeit durch eine andere Ursache, z. B. die zu große Dichtigkeit der Speise. Diese letztere Ursache aber muss man auf eine andere zurückführen und diese wieder auf eine andere und so bis zur allgemeinen Ursache alles Seins. Da also Gott die erste allgemeine Ursache alles Seins ist, so kann seiner verursachenden Kraft unmöglich sich etwas entziehen. Vielmehr muss eben dann, wenn etwas dem Bereiche einer beschränkten Ursächlichkeit sich entzieht, dies auf die allgemeine Ursache zurückgeführt werden vermittelst einer anderen weniger beschränkten Ursächlichkeit. Nichts in der Welt ist durch und durch schlecht oder ein Übel; vielmehr hat jedes Übel zur Grundlage, der es anhaftet, immer etwas Gutes. Ein Ding wird also Übel oder schlecht genannt, je nachdem es sich vom Bereiche eines beschränkten Gutes entfernt. Würde es ganz und gar ausserhalb des Bereiches der ersten allgemeinen Ursache sein, so wäre es eben Nichts. „Zufällig“ wird etwas genannt, soweit es dem Bereiche einer besonderen beschränkten Ursache sich entzieht. Mit Rücksicht auf die göttliche Vorsehung gibt es keinen Zufall, wie Augustin sagt. (83. Qq. 24.) Einzelne Wirkungen sind frei mit Rücksicht auf die nächsten Ursachen, weil sie daraus so hervorgehen, dass sie auch nicht hervorgehen können. Deshalb aber ergibt sich noch nicht, dass etwas geschehen kann ausserhalb der Ordnung, welche Gott dem All vorgeschrieben hat. Denn die Tatsache selbst, dass etwas aus seiner nächsten Ursache auch nicht hervorgehen kann, ist in der Ordnung des Ganzen begründet." [2] 

Der Psalmist (93, 10.) sagt von Gott: „Der da lehrt dem Menschen das Wissen.“ Also bestimmt und betätigt Gott die menschliche Vernunft wie der Lehrer die Vernunft des Schülers. Wie in den körperlichen Bewegungen als das bewegende Prinzip Jenes bezeichnet wird, was die Form oder die Richtung gibt; so wird derjenige als der die Vernunft Bewegende oder Bestimmende bezeichnet, welcher die Form und somit das Prinzip für die vernünftige Tätigkeit, also für die Bewegung der Vernunft verleiht. Nun gibt es aber für die vernünftige Tätigkeit im Erkennenden ein doppeltes Prinzip: das eine ist das Erkenntnisvermögen oder die Erkenntniskraft; und das andere ist die Ähnlichkeit des erkannten Gegenstandes im Erkennenden: die Idee. Bestimmen oder betätigen und somit bewegen die Vernunft also wird jener, der dem Erkennenden die Erkenntniskraft gibt oder der ihm die Ähnlichkeit mit dem erkannten Gegenstande in das Innere der Vernunft einprägt. In beider Weise bestimmt Gott nun die menschliche Vernunft. Denn er ist das erste vom Stoffe am allermeisten seinem ganzen Wesen nach losgelöste Sein. Und weil die vernünftige Erkenntnis und Erkennbarkeit auf derselben Stufe steht wie die Stofflosigkeit, so folgt, dass Gott unter allen erkennenden Wesen das allererste ist. Da nun das Erste in jeder Seinsart, jenes nämlich, was die Vollkommenheit der Seinsart dem Wesen nach in sich einschliesst, — wie das Feuer z. B. die Wärme, das Licht die Helle, — die Ursache bildet von allen übrigen Abstufungen in dieser Seinsart, so ist Gott die Ursache aller Erkenntniskraft. Und da Gott wieder das erste Sein ist und alle Dinge in Ihm vorher existieren wie in der ersten Ursache, so muss in Ihm Alles in erkennbarer Weise sein, nämlich nach seiner Seinsbeschaffenheit. Denn wie die erkennbaren Gründe aller Dinge zu allererst in Gott sind und von Ihm ausfliessen in die anderen Vernunftkräfte, damit diese tatsächlich erkennen; so fliessen sie gleichermaßen in die Kreaturen aus, damit diese für sich bestehen. So also bestimmt Gott die geschöpfliche Vernunft: 1. indem er natürliche oder übernatürliche Erkenntniskraft gibt; 2. indem er ihr die Erkenntnisformen oder Ideen einprägt; und 3. dies Alles im Sein bewahrt und erhält. Die vernünftige Tätigkeit geht von der geschöpflichen Vernunft zwar aus, innerhalb deren sie ist, wie von der untergeordneten Ursache; von Gott wie von der ersten. Denn er gibt dem Erkennenden, dass er verstehen oder erkennen kann. Dieses Erkenntnislicht mit der Idee zusammen ist hinreichendes Prinzip für das Erkennen; aber ein untergeordnetes; abhängig vom ersten. Das Erkennbare bestimmt unsere Vernunft, indem es gewissermaßen seine Ähnlichkeit ihr einprägt, durch die es verstanden werden kann. Die Ähnlichkeiten oder Ideen aber, die Gott der geschaffenen Vernunft einprägt, genügen nicht, damit Gott selber kraft seines Wesens erfasst werde. (Kap. 56, Art. 3.) Gott ist also in sich selber für uns nicht erkennbar; und doch betätigt er unsere Vernunft." [3] 

Auch wenn gesagt wird: Phil. 2, 13.: „Gott ist es, der in uns das Wollen wirkt und das Vollbringen“, bleibt die Willensfreiheit bestehen. so wie die Vernunft bewegt wird vom Erkenntnisgegenstande und von dem, der die Kraft zu erkennen gibt, so auch der Wille vom Gegenstande, dem Guten oder dem Zwecke, und von dem, der die Willenskraft verursacht. Nun kann wohl der Wille wie vom Gegenstande aus von jedem beliebigen Gute bewegt werden; jedoch in wirksamer und hinreichender Weise von nichts Anderem wie von Gott. Denn hinreichenderweise kann keine Ursache ein Bewegliches in Bewegung setzen, wenn nicht die tätig wirksame Kraft des Bewegenden überragt oder wenigstens auf gleicher Stufe steht mit der zu bestimmenden Kraft des Beweglichen. Nun erstreckt sich die bestimmbare Kraft des Willensvermögens auf das Gute im allgemeinen; denn sein Gegenstand ist das Gute, wo immer es sich findet, wie der Gegenstand der Vernunft ist alles mögliche Wahre. Ein jedes geschaffene Gut jedoch ist ein beschränktes besonderes Gut; Gott allein ist die Fülle alles Guten, von dem Alles, was gut ist, kommt. Er allein also füllt den Willen wahrhaft an und bewegt ihn als Gegenstand in hinreichender, wirksamer Weise. Und ähnlich wird die Kraft zu wollen von Gott allein verursacht. Denn Wollen ist nichts Anderes als eine gewisse Hinneigung zum eigensten Gegenstande des Willens, nämlich zum Guten im allgemeinen. Hinneigen aber zum Guten im allgemeinen ist eigen dem Erstbewegenden, der den letzten Endzweck zur Richtschnur hat; wie in den menschlichen Dingen es dem zugehört, der einer Vielheit vorsteht, zum allgemeinen Besten dieser Vielheit die einzelnen zu lenken. Somit ist es nach beiden Seiten hin Gott eigen, den Willen zu bewegen; zumal aber in der letztgenannten Weise: dadurch nämlich, dass er denselben innerlich, im Innern des Willens selbst, zum Guten hinneigt. Was von einem Anderen bewegt wird, das leidet in dem Falle Zwang, wenn es gegen die eigene Neigung bewegt wird. Wird es aber von einem Anderen bewegt, der diese eigene Neigung ihm gibt, so leidet es keinen Zwang; wie der schwere Gegenstand, wenn er nach der Tiefe zu in Bewegung gesetzt wird, keinen Zwang leidet. Gott aber gibt dem Willen seine eigene Neigung; und deshalb bewegt er ihn, ohne dass er ihn zwingt. Von sich aus sich bewegen heisst das Prinzip für die Bewegung in seinem Innern haben. Dieses innere Prinzip aber kann verursacht sein im Willen von einem ausserhalb des Willens stehenden Prinzip; und in dieser Weise von sich selbst aus sich bewegen widerstreitet nicht dem Bewegtwerden von einem Anderen her. Wenn der Wille so vom Anderen bewegt würde, dass er keineswegs von sich selbst aus sich bewegte, so würden seine Werke weder Verdienst noch Mißverdienst sein. Da er aber so von Gott bewegt wird, dass dies die Bewegung von sich, vom Willen selber aus, nicht ausschliesst, so wird die Zurechnungsfähigkeit der betreffenden Werke nicht aufgehoben. [4] 

Viele, vor allem Muslime haben nicht nur falsch verstanden, was Isaias 26, 12. sagt: „Alle unsere Werte hast Du, o Herr, in uns gewirkt.“ Einige verstanden dieses Wirken Gottes in den Dingen so, dass die Dinge kraft ihrer eigenen Vermögen gar nichts wirkten, sondern Gott allein Alles täte, wie die Muslime glauben (Fatum Mahumetanum); z. B. dass nicht das Feuer wärme, sondern Gott im Feuer. Das aber ist ganz unmöglich. Denn 1. würde so den Dingen die Beziehung und Ordnung von Ursache und Verursachtem entzogen, woraus schließlich nur auf die Ohnmacht des Schaffenden geschlossen werden könnte. Denn der Kraft des Einwirkenden ist es eigen, seiner Wirkung die Fähigkeit zu geben, dass diese selber wirken kann. 2. Die tätig wirksamen Kräfte der Dinge wären überflüssig, da nichts durch dieselben geschähe. Vielmehr würden alle Dinge überflüssig sein, da jegliches Ding nur um seiner Tätigkeit willen besteht. Denn das Unvollkommene ist da um des Vollkommenen willen. Wie also der Stoff wegen der Wesensform da ist, so ist die Wesensform als erstes tatsächliches Sein da wegen des wirklichen Tätigseins als des zweiten tatsächlichen Seins im Dinge; und so ist das Tätigsein der Zweck des Geschöpfes. Danach also muss man es verstehen, Gott wirke in den Geschöpfen, dass letztere trotzdem eine eigene Tätigkeit haben. Zur genaueren Klarstellung ist deshalb zu erwägen, dass unter den vier Arten von Ursachen der Stoff allein als die Material-, als die empfangende Ursache nicht ein Prinzip des Tätigseins, sondern bloß ein Prinzip der Bestimmbarkeit und des Empfangens ist. Der Zweck jedoch, die wirkende Ursache und die Wesensform sind je in verschiedenem Verhältnisse Prinzip der Tätigkeit. Denn das erste Prinzip für eine Tätigkeit ist der Zweck, der die einwirkende Ursache zum Wirken bestimmt; das zweite ist die einwirkende Ursache; und das dritte Prinzip ist die Form dessen, was von der einwirkenden Ursache benützt wird, um zu wirken; mag auch, wie das im Bereiche der Kunst so recht klar ist, die einwirkende Ursache kraft der eigenen Wesens form ebenfalls handeln. Denn der Künstler wird zum Wirken bestimmt vom Zwecke, der da das Gemachte selber ist, z. B. das Bett, das Pult; und er benützt zu seinem Tätigsein das Beil, welches kraft seiner Schärfe einschneidet. So also wirkt Gott in jedem Geschöpfe gemäß diesem dreifachen Gesichtspunkte: 1. Auf Grund des Zweckes. Denn da jede Tätigkeit um eines Gutes willen geschieht, mag dieses Gut ein wahres oder ein Scheingut sein, nichts aber den Charakter des Guten trägt oder zu tragen scheint außer insoweit es einigermaßen dem höchsten Gute, also Gott, ähnlich ist; so folgt, dass Gott selber die Zweckursache jeglicher Tätigkeit ist. 2. Auf Grund der wirkenden Ursächlichkeit. Denn wenn viele Ursachen miteinander in geregelter Beziehung stehen, so wirkt immer die nachfolgende kraft der vorhergehenden und alle kraft der ersten Ursache. Denn die erste wirkt ein auf die zweite, damit diese wirke u. s. w.; und so wirken alle durch die Kraft und in der Kraft Gottes selber, der die Ursache ist der gesamten wirkenden Ursachen. 3. Gott benützt nicht nur die Formen und Kräfte der Dinge, wie z. B. der Künstler das Beil, dem dieser aber seine Form und seine Schärfe nicht gegeben, sondern er gibt den wirkenden Ursachen zudem ihre Form und ihre Kräfte und hält sie aufrecht im Sein. Somit ist Gott nicht nur die Ursache aller Tätigkeiten, insoweit er die Form als Prinzip und Richtschnur der Tätigkeit einmal gegeben hat, wie etwa jener, der den Anstoß zur Bewegung bloß gibt; sondern er bewahrt alle Formen und Kräfte im Sein; wie etwa die Sonne als Ursache des Offenbarwerdens der Farben bezeichnet wird, insofern sie gibt und bewahrt das Licht, wodurch die Farben offenbar werden. Und weil nun die Form eines jeden Dinges im Dinge ist und zwar um so mehr innerlich, je umfassender und allgemeiner und früher das betreffende Ding ist; und Gott selber als die eigenste Ursache des Seins in allen Dingen existiert, was ja jedem Dinge am meisten innerlich ist, so folgt, dass Gott in allen Dingen am tiefsten innerlich wirkt. Und deshalb schreibt die heilige Schrift die Wirksamkeit der Natur Gott als dem zu, der in der Natur wirkt, wie bei Hiob (10, 11.): „Mit Haut und Fleisch hast Du mich bekleidet und mit Nerven mich zusammengefügt.“ Gott ist das hinreichende Prinzip der kreatürlichen Tätigkeit als erstes Prinzip; damit ist jedoch nicht überflüssig die Tätigkeit untergeordneter Ursachen. Ein und dieselbe Tätigkeit geht nicht von zwei Tätigseienden aus, die gleiche Bedeutung haben. Nichts aber steht dem entgegen, dass ein und dieselbe Tätigkeit ausgeht von einer ersten Ursache und von einer dieser untergeordneten zweiten. Gott giebt nicht nur den Dingen ihre Formen und Kräfte, sondern erhält sie auch im Sein, wendet sie an auf eine Tätigkeit und ist von aller Tätigkeit der Zweck. [5] 

Dionysius sagt (12. coel. hier.): „Die höheren Engel haben ein umfassenderes allgemeineres Wissen wie die niedrigen, deren Wissen mehr ein besonderes, noch der Vollendung harrendes ist.“  Petrus Lombardus (11. dist. 2. St.): „Die höheren Engel kannten von Ewigkeit das Geheimnis der Menschwerdung; den niederen war es unbekannt, bis es erfüllt wurde.“ Das scheint auch der Psalm zu bestätigen, wo die niedrigen Engel fragen: „Wer ist dieser König der Herrlichkeit?“ und ihnen als den nicht wissenden von denen, die es kannten, geantwortet wird: „Der Herr der Gewalten, Er selber ist der König der Herrlichkeit.“ (Dionysius, 7. de coel. hier.) Dies würde aber nicht geschehen können, wenn die höheren Engel den niedrigeren Alles mitteilen würden, was ihnen bekannt ist. Wenn Letzteres stattfände, so würde ja den niederen Engeln nichts unbekannt bleiben von dem, was die höheren wissen. Es könnten also die letzteren nicht weiter erleuchten. Auf der anderen Seite sagt Gregor (hom. 34. in Evang.; vgl. 9. dist. lib. 2. Sent.): „In jenem himmlischen Heim ist wohl Manches den einen in mehr hervorragender Weise verliehen worden wie den anderen; nichts aber besitzen die einen für sich allein;“ und Dionysius (15. de coel. hier.): „Eine jede dieser himmlischen Substanzen teilt das von einer höheren ihr verliehene Verständnis den tieferstehenden mit.“ Alle Kreaturen haben dies von der göttlichen Güte, dass sie das Gute, was sie empfangen haben, weiter verbreiten; denn zum Wesen des Guten gehört das Mitteilen. Und daher kommt es auch, dass die körperlichen wirkenden Ursachen, soweit es ihnen möglich ist, ihre Ähnlichkeit mitteilen. Je mehr also dergleichen Ursachen an der göttlichen Güte Anteil haben, desto mehr neigen sie dazu, ihre Vollkommenheiten in anderes Sein hin zu verbreiten, soweit es möglich ist. Deshalb ermahnt Petrus (I. 4.): „Jeder soll die Gnade, die er empfangen, zum Besten und Nutzen der anderen anwenden und so sollen sie gute Verwalter sein der vielgestalteten Gnade Gottes.“ Weit mehr also teilen die heiligen Engel, die in aller Fülle an der Güte Gottes Anteil haben, was sie auch immer von Gott erhalten, den tiefer Stehenden mit. Es wird dies aber von den letzteren nicht in so hervorragender Weise aufgenommen, wie es in den höheren sich vorfindet. Deshalb bleiben die höheren immer auf ihrer Rangstufe und haben vollendeteres Wissen; wie ja ein und dieselbe Sache der Lehrer vollendeter auffasst wie der Schüler. Die Art und Weise zu verstehen ist in den höheren Engeln hervorragender; und deshalb wird sie als eine umfassendere, allgemeinere bezeichnet. Die niederen Engel waren nicht in vollständiger Unkenntnis rücksichtlich des Geheimnisses der Menschwerdung; sie kannten es aber nicht in so vollendeter Weise wie die höheren. Sonach machten die niederen Engel Fortschritte in der betreffenden Kenntnis, als dieses Geheimnis erfüllt wurde. Bis zum Tage des Gerichts wird den höchsten Engeln immer noch wieder Neues von seiten Gottes offenbart werden in betreff der Weltleitung und zumal des Heiles der Auserwählten. Also können die höheren Engel immer wieder die niederen erleuchten.  [6] 

Bittet also der Sünder als Sünder um etwas, nämlich gemäß dem sündhaften Verlangen; so wird er darin nicht von Gott erhört und zwar aus Barmherzigkeit. Wenn er jedoch darin erhört wird, so geschieht es zu gerechter Strafe, weil nämlich Gott den Sünder dann weiter in Sünden stürzen lässt. Denn Gott „bewilligt Manches im Zorne, was er verweigert jenem, dem er barmherzig sein will;“ sagt Augustinus. (Tract 73. in Joan.) Das Gebet aber, welches von der an sich guten Natur im Sünder ausgeht, erhört Gott; nicht zwar aus Gerechtigkeit, weil der Sünder die Erhörung nicht verdient; sondern aus reinster Barmherzigkeit, vorausgesetzt, dass der Sünder für sich betet, fromm, beharrlich und um das zum Heile Notwendige. Jenes Wort sagt der noch nicht vollkommen erleuchtete Blinde. Seine Wahrheit kann jedoch aufrecht gehalten werden, wenn man es vom Sünder als Sünder versteht. Frömmigkeit und Gerechtigkeit gibt es nicht beim Sünder und damit auch nicht bei Muslimen, die zum Beispiel die Sunde der Gotteslästerung begehen. "Fromm, d. h. kraft des Zustandes der entsprechenden Tugend kann der Sünder nicht beten; er kann aber fromm beten mit Rücksicht auf den Gegenstand, um den er bittet. So kann jemand, der nicht den Zustand der Gerechtigkeit in sich hat, etwas Gerechtes manchmal wollen. Und obgleich ein solches Gebet nicht verdienstlich ist, so kann es doch wirksam sein für die Erreichung dessen, worum man bittet. Denn das Verdienst hat zur Grundlage die Gerechtigkeit; das Erreichen aber von etwas Gewünschten kommt von reiner Gnade." [7] 

„Die wahren Anbeter werden anbeten im Geiste und in der Wahrheit.“ - Joh. 4

"Die körperliche Anbetung geht vom Geiste aus und bezweckt ihrerseits wieder die Erbauung des Geistes. Wie das Gebet an erster Stelle im Innern ist und an zweiter erst in den Worten, so besteht die Anbetung zuvörderst und maßgebenderweise in der innerlichen Hochachtung und an zweiter Stelle erst in körperlichen Zeichen." - Thomas von Aquin, II-II, q 84

"Gemäß einer gewissen Schicklichkeit beten wir nach Osten hin gewendet; und zwar 1. weil uns damit die göttliche Majestät angezeigt wird, wie sie sich in der Bewegung der Sonne offenbart, die im Osten aufgeht;  2. weil das Paradies im Osten gelegen war, nach Gen. 2. (Septuaginta) und wir nun dahin zurückzukehren trachten;  3. weil Christus, das Licht der Welt, als Oriens, als aufgehende Sonne bezeichnet wird bei Zach. 6., Ps. 67, 34. und weil er von Osten her kommen wird, um zu richten, nach Matth. 24.: „Wie der Blitz von Osten ausgeht, und leuchtet bis zum Westen, so wird auch sein die Ankunft des Menschensohnes.“ Ib.

„Wer aus ungerechtem Gute opfert, dessen Gabe ist befleckt.“ Ekkli. 34

„Das Gelübde ist das Bezeugen eines freien Versprechens, welches Gott gegenüber geschehen muss und nur das, was Gottes ist, betreffen darf.“ - Petrus Lombardus, 38. dist. lib. 4. Sent.

"Christus durfte nichts geloben; denn er war Gott und als Mensch war er auf Erden im Zustande der Seligen, also befestigt im Guten. Was in der Person Christi der Psalmist sagt (Ps. 21.): „Meine Gelübde werde ich erfüllen vor denen, die Gott fürchten,“ gilt vom Leibe Christi, d. h. von den Gläubigen. Die Apostel haben das Gelübde der Vollkommenheit gemacht, als sie sich entschlossen, Christo nachzufolgen." - Thomas von Aquin, II-II, q 88
 


 
 

Anmerkungen

[1] vgl. Kurse Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 501 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period II: Summa Theol. Akademie der Kunst und Philosophie
[2] Ib.
[3] Ib.
[4] Ib.
[5] Ib.
[6] Ib.
[7] vgl. Kurse Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 582 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period IV, Nr. 501 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period II: Summa Theol. Akademie der Kunst und Philosophie
 

Zur Philosophie und Kultugeschichte des Mittelalters, der Schule von Chartres und der Renaissance vgl. Kurse: Nr. 581 Bernhard von Chartres, Nr. 580 Wilhelm von Conches, Nr. 579 Albertus Magnus, Nr. 578 Pierre Abaelard, Nr. 574 Johannes von Salisbury, Nr. 577 Petrus Lombardus, Nr. 576 Gilbert de la Porrée / Gilbert von Poitiers, Nr. 565 Johannes Scotus Eriugena, Nr. 575 Thierry de ChartresNr. 571 Alanus ab Insulis, Nr. 572 Anselm von Canterbury, Nr. 570 Hilarius von Poitiers, Nr. 568 Nicolaus Cusanus - Renaissance Philosopher I, Nr. 568 Nicolaus Cusanus - Renaissance Philosopher II, Nr. 564 St. Augustinus, Nr. 500 Thomas von Aquin I: Summa contra Gentiles, Nr. 501 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period II: Summa Theol., Nr. 502 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period III, Nr. 582 St.Thomas Aquinas - Philosopher of Gothic period IV, Nr. 566 Meister Eckhart , Nr. 562 Dante, Nr. 320 Romanische Kunst und Architektur , Nr. 325 Kunst und Architektur der Gothik, Nr. 326 Kunst und Architektur der Renaissance, Nr. 350 Byzantinische Kunst und Architektur. Akademie der Kunst und Philosophie
 
 


Tafelszene aus dem Psalmenkommentar des Petrus Lombardus, Ende 12. Jhdt (Ausschnitt).

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Letzte Bearbeitung:11.08.2018